Am 2. September fand im niedersächsischen Landtag eine Anhörung zum Entwurf des niedersächsischen Gesetzes „zum Schutze von Heimbewohnerinnen und Heimbewohnern“ statt. Jürgen Rehse, Vorsitzender des Landesverbandes Niedersachsen und Bremen des Verbandes Deutscher Alten- und Behindertenhilfe e.V. (VDAB) kritisiert: „Der Gesetzentwurf stellt die Betreiber von Pflegeeinrichtungen unter den Generalverdacht des unrechtmäßigen Handelns.“ Dies zeige sich insbesondere in der überbordenden Bürokratiewut des Gesetzgebers.
Das niedersächsische Heimgesetz soll auf ambulant betreute neue Wohnformen ausgedehnt werden. Dabei will der Gesetzgeber die in Senioren-Wohngemeinschaften lebenden Menschen als Heimbewohner definieren – mit allen Konsequenzen hinsichtlich strengster bürokratischer Auflagen für diese Wohnformen. „Wir haben kein Verständnis für die Absicht des Sozialministeriums, neue Wohnformen mit einem derartigen Regelungs- und Kontrollmechanismus zu überziehen“, betont Petra Schülke, Vorstandsmitglied des VDAB in Niedersachsen. „Nutzer dieser Wohnformen wollen bewusst nicht wie in einer stationären Einrichtung leben und haben sich daher für diese Wohnform entschieden – und somit auch dafür, nicht in dem nun vorgesehenen Maße ,geschützt“ zu werden.“
Ebenso stehe zu befürchten, dass das Angebot an alternativen Wohnformen in Niedersachsen sinkt, wenn das Gesetz in dieser Form beschlossen wird. Schülke: „Kein Anbieter von Wohnraum für Senioren, z. B. in Form einer Wohngruppe oder einer Wohngemeinschaft, möchte dieser strikten behördlichen Kontrolle unterliegen.“
Bedenklich sei auch der im Gesetzentwurf geplante Umgang mit dem Datenschutz. Pflegebedürftige sollen hinnehmen, dass die Heimaufsicht von ihren persönlichen Verhältnissen auch hinsichtlich Wertsachen und Vermögen erfährt – und dies ohne ihr Einverständnis oder Wissen. „Ein Gesetzentwurf, der sich namentlich dem ,Schutze von Heimbewohnerinnen und Heimbewohnern“ verschreibt, muss auch deren Datenschutz gegenüber den Behörden gewährleisten“, kritisiert Schülke.
„Ausufernde behördliche Kontrollen tragen zu einer erhöhten Bürokratiebelastung für die Einrichtungen bei“, so Schülke. Tritt das Gesetz in dieser Form in Kraft, werde die Bürokratielast steigen und weniger Zeit für die Interessen und Wünsche der Pflegebedürftigen bleiben. Als Beispiel nennt Schülke die Pflicht zur Vorlage von unentgeltlichen Kopien von Unterlagen nach Ermessen der Behörde. Dies treffe ebenfalls die Kommunen und Kreise, die Einrichtungen betreiben. Auch von Datenschutz könne hier keine Rede mehr sein.
„Unser Fazit lautet: Der Gesetzentwurf wird seinen Zwecken und Zielen nicht gerecht. Er muss gründlich überarbeitet werden“, resümiert Schülke.